Erinnerung an eine wundervolle Zeit

Erinnerung an eine wundervolle Zeit

Freitag, 23. November 2012

Auf und Ab in Afrika

Hallo ihr lieben treuen Leser :D
also ich dachte, ich berichte euch mal so einges Neues. Ich habe fast nur noch 2 Monate hier in Kenia und es ist echt wahnsinn, wie schnell die Zeit vorbeistreicht. Ich kann es zwar kaum erwarten, wieder in Deutschland zu sein, aber es ist auch sehr schwer, sich von alldem hier zu verabschieden.
Natürlich vor allem von den Kids.
Und ich werde die erste Zeit wohl völlig mit der Pünktlichkeit überfordert sein. ABer ich habe ja in dieser Hinsicht eine sehr verständnisvolle Familie:D
Die letzte Zeit war wirklich sehr stressig mit vielen unterschiedlichen Aktionen.
Ich fange diesesmal an von der jüngsten zu berichten: und zwar von heute:

Gegen Mittag bin ich mit einem PikiPiki ins nächste Krankenhaus gefahren, um Einiges zu organisieren. Vor allem Medizin für die Kids. Auf jeden Fall habe ich zu diesem Zweck den Pikifahrer namens Meschak angerufen. Unter deutschen Teammembern wird er nur Mütze genannt, da er früher immer eine rote Mütze aufhatte. Dann hatte er einen schweren Unfall und die Mütze war weg. Der Name nicht.
Angeblich lag er im Koma nach dem Unfall, aber die Gerüchte gehen da vielleicht auch zu weit. Er schweigt dazu.
Das gute an diesem Fahrer sind folgende Eigenschaften: Er fährt sicher und gut, nur manchmal ein bisschen draufgängerisch, mag viel Geld verdienen, d.h. er fährt auch im strömenden Regen. Einmal kann ich mich erinnern, dass er wegen dem Wetter für 10 Minuten gewartet hat. Wenn man schnell was erledigen will ist es gut, ihn anzurufen. Man kommt zügig hin und zurück. Vom Krankenhaus zurück hat es heute allerdings etwas länger gedauert als die übliche halbe Stunde. Grund war folgendes Gespräch:

Meschak:"Hey Iwon (sie können es wohl nicht richtig aussprechen)... do you know how
drive a Piki?"
Ich: "No"
Meschek: "Sawa (sowas wie OK) then I will change now."
Ich: "Haha"
Meschak macht den Motor aus und zeigt mir, dass er es echt ernst meint!!
Er hat mir die Grundfunktionen erklärt: also wie man Gas gibt.
Das mit dem Gas geben und lenken hat wunderbar geklappt sodass ich 20 Minuten auf recht guter Strecke wunderbar klar kam. Die Leute lachten sich kaputt, dass 1. eine Frau und 2. eine Weiße mit dem PikiPiki fährt.
Nur einmal musste er mich bremsen, da ich dann doch etwas übermütig wurde und ein Rennen mit einem anderen Fahrer veranstalten wollte. Meschak nicht.
Dann wurde die Strasse schlechter. Es wurde holprig und ging richtig bergab. Also hab ich das gemacht, was ich am besten konnte: Ich schrie: "Problem, Problem." Meschak lachte sich blöderweise nur kaputt und antwortete "No Problem. No Problem." In einem hat er mir wenigstens freundlicherweise noch erklärt, wo die Bremse überhaupt ist.
Ist klar. Da hätte ich vielleicht vorher nachfragen können, aber sowas fiel mir blöderweise erst ein als wir den Berg mit viel Speed runterrasten.
Wir sind tatsächlich auf Station angekommen und morgen bringt er mich auf eine Verlobungsfeier. Ich hoffe, ich muss dann nicht nochmal fahren, da es mich echt Nerven gekostet hat. Wenn er ein normaldenkender Mensch wäre und nicht ein bisschen verrückt hätte es auch ihn einiges an Nerven gekostet. Ich schrie ihn unter anderem an dass er gefälligst mit den "No Problem"- Sprüchen aufhören soll, die würden uns nämlich nicht lebend ans Ziel bringen. Und er lachte nur. Seltsame Menschen gibt es hier auch!

So, dass war die heutige sehr witzige Aktion. Aber es folgen noch weitere: Ich war in einer Fußballmanschaft! Ganz offiziell. DIejenigen die mich schonmal Sport haben machen sehen, können sich wahrscheinlich jetzt schon vor Lachen kaum einkriegen, aber es stimmt leider. Ich bin eine absolute Niete in jeglichen Mannschaftssportarten. Das versuchte ich auch Caro zu erklären. Also bin ihc zum Training. Als dort am Anfang nur die Kids aus der 1. und 2. Klasse waren war ich sogar gar nicht so schlecht. Später hab ich erbarmungslos versagt. Doch das hinderte Caro nicht daran, mich in ihre Frauenmanschaft zu setzen. Wie gesagt. Seltsame Menschen.
Ihre Taktik: Ich bringe durch meine schlechte spielerische Leistung die gegnerische Mannschaft so zum Lachen, dass sie sich nicht mehr konzentrieren. Unteranderem habe ich meinen Fuß einmal einfach auf den Ball gestellt und zwar so feste, dass ihn mir niemand wegnehmen konnte, bis jemand aus meiner Mannschaft kam.
Also kam irgendwann der Tag des Grauens. Wir fuhren nach Tinderet, einer anderen Station von Diguna, ca. 3 Stunden Autofahrt entfernt.
Es regnete die meiste Zeit, als wir dortwaren. Das fiel dann auch den Organisatoren dort auf, sodass kurz und spontan, nach Digunaart also, ganz schnell Sägespähne in die Pfützen auf dem Feld gestreut wurden.
Unser erstes Spiel war gegen die Schüler der Tinderetschule. Alle jünger als wir. Das blöde war, sie waren gut. Also sie wollten sogar gewinnen. Seltsam. Wir waren der unorganisierte Haufen. Man stelle sich Asterix und Obelix mit dem ganzen Dorf vor einer Armee wohlorganisierter Römer vor. Nur das kein Zaubertrank vorhanden ist, und Obelix auch nix mehr an Kraft übrig hat. Also ein Haufen Chaoten gegenüber einer trainierten Armee. Ok, es waren im Prinzip nur Teenager. Doch das änderte leider nichts an der Tatsache, dass wir haushoch unterlegen waren. Es machte es nur noch peinlicher.
Gegen die Mannschaft Nummer 2 verloren wir überaschenderweise auch! Wer hätte das gedacht. Doch dann kam das Beste. Es regnete wie aus Eimern! Und das Spielfeld war trotz Sägespähne eine einzige Matschparty. Ich liebe Matschpartys!! Also spielten wir im strömenden Regen gegen die Truppe aus Tinderet. Es war super. Wir waren nur damit beschäftigt möglichst selten in den Schlamm zu fallen und irgendwie das Bild aufrechterhalten, wir würden Fußball spielen. Wir haben die meiste Zeit Lachflashs auf dem Feld bekommen und als das Spiel überaschenderweise mit 0:0 ausging war das beiden Mannschaften ziemlich egal. WIr hatten unseren Spass! Und wer hätte das gedacht: wir waren disqualifiziert für das Finale!



Doch die meisten waren ziemlich traurig darüber. Es kamen Kommentare von anderen Stationen wie: "Oh wie? Ihr spielt morgen gar nicht? Dann haben wir ja gar nichts zu lachen..." und diese Kommentare waren ernst gemeint. Wenn unser Spiel nicht viel Wert an sportlerischen Leistung hatte, so hatte es doch umso mehr Unterhaltungswert.

Aber es gab in letzter Zeit nicht nur Dinge zum Lachen. Mein Dauersorgenkind Emmanuel hat mir mal wieder mehr als nur Kopfschmerzen bereitet. In den letzten Monaten ging es zwar steil bergauf mit ihm, doch ich musste auch merken, dass er sich oft krankstellt um Aufmerksamkeit zu bekommen. Er fängt einfach an zu weinen und hat im Prinzip keinen Grund dafür. Es ist sehr schwierig mit ihm in solchen Phasen umzugehen, da man nicht immer einschätzen kann, ob wirklich nichts ist. Wenn man es richtig eingeschätzt hat, und man ignoriert ihn, spielt er häufig im nächsten Moment lustig und fröhlich mit anderen Kindern. Eine zeitlang hatte er die für ihn vielleicht lustige Angewohnheit, sich verschiedene Dinge in seine Ohren zu stopfen. Nachdem wir zum 4. ten Mal mit ihm beim Ohrenarzt waren, zeigte mir der Arzt wie ich selber eine Ohrspülung durchführen kann. Ich war so entnervt, fast jede Woche mit ihm zum Arzt zu fahren und andauernd gegen eine Infektion anzukämpfen in seinen Ohren, dass es mir echt zu bunt wurde. Er wusste, dass er einen tollen, interessanten Tagesausflug in die Stadt bekommt, wenn er sich was in die Ohren tut. Damit sollte dann einfach mal Schluss sein. Und wer hätte es gedacht: Eine Woche später hat er sich wiedermal Watte in die Ohren gesteckt. Also habe ich es selber rausbekommen. Es hat ihm weh getan. Tja. Das war das letzte Mal, dass er eine solche Idee hatte. Die Ohren sind wieder ok, keine Infektion mehr drinnen, keine Watte, kein blaues undefinierbares Zeug, einfach nichts mehr.
Als er zwei Wochen später wiedermal einfach anfing zu weinen wusste ich nicht, ob es diesesmal was Ernstes ist. ALso erstmal abwarten. Und sieheda. Er spielte wieder fröhlich mit anderen Kindern. Als die Kindergärtnerin mir erzählte, dass er sehr müde an dem Tag war war es schon ein bisschen komisch. Aber er spielte trotzdem fröhlcih mit den anderen zusammen. Am nächsten Tag war er wieder so müde. Lydia checkte seinen Puls und er war leicht erhöht. Ich machte mir Sorgen und bin nachmittags nochmals hin. Der Puls war immernoch hoch und der Blutdruck etwas zu niedrig. Ich checkte seine Augenlieder und musste leider sehen, dass sie weiß waren. Meiner Meinung nach richtig weiß, was auf eine Anämie schließen lässt. Doch das bei schwarzen Menschen einzuschätzen, wie stark die Anämie ist, habe ich mir in dem Moment nicht zugetraut. Also rief ich Jenipher an, die eine halbe Stunde später kam. Sie sah auch, dass es sehr weiß war und wusste nicht, ob wir ihn abends noch ins Krankenhaus schicken sollten, oder erst am nächsten Tag. Ich entschied für den gleichen Abend, weil ich sonst eh keine ruhige Minute gehabt hätte. Wir fuhren ins Krankenhaus. Auf dem Weg machte Emmanuel noch Späße mit uns und wollte uns überreden anstadt nach Eldoret zu seinem Papa zu fahren. Er war richtig gut drauf. Als wir das Ergebnis vom Blut war es dann wirklich ein Schock: HB von 2,3! Für die Nichtfachmenschen von euch: Katastrophe! Dass dieser Junge noch in den Kindergarten gegangen ist, und nicht nur im Bett gelegen hat, sondern alles ganz normal durchgezogen hat grenzt an ein Wunder. Und es grenzt an ein Wunder, dass wir es überhaupt entdeckt haben. Nicht jedes Kind, was mal müde und ein bisschen erhöhten Puls hat, wird direkt darauf untersucht. Naja however. Es war echt eine harte Situation. Noch härter war, dass die Krankenschwestern und Ärzte die absolute Ruhe bewart haben. Nein, er wurde nicht unter Beobachtung gestellt, wir kamen in ein Hinterzimmer wo wir eine halbe Stunde warten sollten, bis das Blut bereit ist. Also hab ich unentwegt auf den Jungen geschaut. Ich musste einfach sichersein, dass er noch atmet. Nach 10 Minuten kam ich an meine Grenzen. Ich konnte einfach nicht mehr. ALso was tun. Ich musste sofort an die Luft. Ich sagte den anderen Beiden, dass ich rausgehe. Danach kamen Minuten, an die ich mich wohl mein Leben lang erinnern kann. ICh ging vor das Krankenhaus, es war schon mitten in der Nacht, und ich fing erstmal an zu weinen. Seltsames Bild. Heute kann ich darüber schmunzeln. Aber in dem Moment hatte ich richtig Angst um das Leben dieses Jungen. Mir fiel nichts Besseres ein, als zu beten. Also habe ich gebetet. Und habe Basti geschrieben, er solle auch beten. Und Lydia. Und Jenny. Was soll man auch sonst mitten in Kenia tun, wenn man einfach nicht mehr weiter weiß. Als ich dies tat, war ich mir irgendwie sicher: Emmanuel wird überleben. Ich kann es nicht genau erklären. Die nicht gläubigen Menschen werden das wohl auch kaum nachvollziehen können, aber ich kann es nur so erklären, wie ich es erlebt habe. Zurück im Zimmer war die Angst völlig verschwunden. AUch als wir 2 Stunden anstatt einer halben Stunde warten mussten, war es ok. Ich wusste, alles wird gut werden. Und das hat nichts damit zu tun, dass ich leichtfertig mit der Situation umgegangen wäre oder einfach eine Alles-egal-Einstellung bekommen hätte. Es war alles in Gottes Hand. Er war insgesamt 4 Tage in dem Krankenhaus. Er hat 2 Bluttransfusionen bekommen. Ursache war eine ´sehr seltene Nebenwirkung der HIV-Medikamente. Die Blutarmut ist sehr kurzfristig und sehr rapide aufgetreten. Heute geht es ihm wieder richtig gut.





Eine Nacht habe ich dann auch im Krankenhaus verbracht. Es war eine sehr interessante Erfahrung. Mit 8 Betten in einer Abteilung zu sein und ein gemeinsames Waschbecken zu benutzen. Das Fenster war kaputt, sodass die ganze Nacht Durchzug herrschte. Der Klo war so ekelig, dass ich nur mit festen Schuhen reingegangen bin. ALs unser Waschbecken verstopft war grenzte das an eine Katastrophe! Im Waschbecken wurde auch das ganze Besteck, dass man selbst mitbringen muss, gewaschen! Und doch durften Emmanuel und ich uns glücklich schätzen: wir hatten unser eigenes Bett! Wenn das Krankenhaus nämlich voll ist, muss man sein Bett mit anderen Leuten teilen. Puh. Das wäre blöd gewesen.
Und es war auch interessant zu sehen, was für andere Kinder dort sind. Ein Mädchen lag direkt gegenüber. Sie war im wahrsten Sinne nur noch Haut und Knochen. Man konnte die ganzen Knochenformen genau sehen. SOwas sieht man höchstens auf den schlimmsten Fotos aus der 3ten Welt. Ursache war bei ihr jedoch keine Unterernährung sondern eine schwere Tuberkulose. Die Familie kümmerte sich rührend um sie und taten ihr Bestmöglichstes. Ich werde sie hoffentlich noch besuchen können.
Das Kind, was quasi parallel mit Emmanuel eingeliefert wurde und mit uns im selben Hinterzimmer bei der Einlieferung warten musste, ist eines Morgens gestorben. Keiner weiß die Ursache und das Kind musste im Zimmer mit vielen anderen fremden Menschen sterben. Das wäre in Deutschland natürlich ein Ding der Unmöglichkeit!

Kurzer Bericht über eure Spenden: Die Kinder waren absolut begeistert vom Ausflug. Bilder und Bericht folgen in Kürze!